Kritiken

Steff Porzel via Facebook:

WIE GEHT DENN SO WAS ÜBERHAUPT? Als semiprofessionelles Lästermaul und personifizierte Stimmungstalsohle muss ich mich jetzt positiv äußern. Ich hab keine Ahnung, wie man das macht.

Aber ausprobieren muss ich’s wohl mal. Tatsache ist nämlich, daß mich AMONIUM gestern total umgehauen hat. Das ist, wie man nicht unbedingt sofort vermutet, eine Band. Der Name klingt, mit nur einem „M“, ein bisschen nach neu entdecktem Element, und in gewisser Weise ist es das auch. Man möchte meinen, dass New York oder LA, eventuell London oder ein paar kleine Clubs in Budapest eine derart hohe musikalische Qualität noch bieten, aber daß so ein Brett in Wildensorg in Helmuth Heerleins altfränkischer Wirtschaft an einem Mittwochabend spielt, kann man sich nicht ausdenken. Das muss schon passieren. Und insofern ist es durchaus ein völlig neu entdecktes Element.

Nach fast drei Jahren im Proberaum ist es wohl an der Zeit gewesen, das ganze hochkomplexe Zeug in knapp zwei Stunden Spielzeit einfach mal live auszuprobieren, und das Ergebnis hat einem schier die Sprache verschlagen. Und bei einem semiprofessionellen Lästermaul und einer personifizierten Stimmungstalsohle wie mir will das echt was heißen.

Endlich wird man mal bitter enttäuscht, wenn man im Rahmen der fränkischen Bräsigkeit auf das gewohnte „Country Roads“ wartet. Endlich muss man bei einem grauenhaft dargebotenen „Summer Of 69“ nicht auf’s WC flüchten und dort warten, bis es vorbei ist. Endlich macht da mal jemand Musik.
Und dem Himmel sei Dank ist es endlich mal eine, die hier in der Gegend schon gleich fünfmal nichts verloren hat.

Klar wird auch nachgespielt. Oder „gecovert“, wie der junge, dynamische, digitalhörige Partybandmusiker sagt. Aber da ist es halt dann „Birdland“ von Joe Zawinul. Oder „Stratus“ von Billy Cobham (Für die jüngeren unter uns: Das ist der Schlagzeuger, der jetzt keinen Stimmschlüssel mehr hat).
Ansonsten stammt alles Dargebotene aus eigener Feder. Das meiste davon aus dem heißgelaufenen Bleistift von Friedel Amon, dem Namensgeber dieses Wunderwerks von einer Band, hochkomplex niedergeschrieben auf den Rückseiten der Briefvordrucke seiner Gartenbaufirma und damit zur Freude des Verfassers herrlich analog und absolut tabletuntauglich. Am zweiten Keyboard Friedels Sohn Manu Amon, an einer Killergitarre wie selten Jürgen Hoffmann, Igl Schoenwitz als gewohnter Souverän am Bass und ein Matze Matthias Bäuerlein zum Niederknien am Schlagzeug. ZUM NIEDERKNIEN!

Männer, ihr habt dem alten Trommlerherz gestern eine riesige, gigantische Freude gemacht! Es steht zu hoffen, dass die Band mehr Gigs auftut. So was wie euch gibt’s nämlich in diesen Breitengraden heute gar nicht mehr. Also, daß einer Band die Dienstleistung mal völlig wurscht ist und daß man einfach mal nur Musik machen will und das auch darf.

Selbstverständlich hat die Sache einen Wermutstropfen. Ein Wermutsfass eigentlich: Wenn man nach drei Jahren Probearbeit einen Hut rumgehen lässt und nach einem solchen Hochkaräterkonzert 20- und 50 Centstücke im Hut findet, dann möchte man schon mal…. aber wollen wir mal nicht abgleiten. Das hätten die Buben nicht verdient, das Thema geh ich mal gesondert an, das Bamberger „Umsonst-und-nur-für-mich-sonst-geh-ich-da-nicht-hin-Thema“ (Da freu ich mich auch schon drauf, da raucht’s demnächst mal im Gebälk).

Steff Porzel, www.steffdrums.de